Unsere Streiflichter führen uns diese Woche von Toulon über Antibes nach Essen und Münster. Saint-Tropez und Monaco tauchen ebenfalls auf. Und dazu eine Leseempfehlung für das erste Buch von Brigitte Macrons Tochter. Von Rolf Liffers.
Toulon will Kulturmetropole werden und es bald mit Mailand und Barcelona aufnehmen
Lange Zeit galt Toulon als schäbige, gefährliche Hafenstadt am Meer, ja – als Aschenbrödel der Côte d’Azur. Und weil die Hauptstadt des Departements Var deshalb von fast allen internationalen Reiseführern totgeschwiegen wurde, führte Toulon ein klägliches Mauerblümchendasein.
Daran hat sich in den letzten Jahren viel geändert, seit die Altstadtsanierung immer neue Blüten treibt, was in letzter Zeit auch den Tourismus deutlich angekurbelt hat. Dem Präsidenten des Departements, Jean-Louis Masson, ist das alles aber nicht genug. Er hat hochfliegende Zukunftspläne. So will er Toulon zur Kulturmetropole aufwerten, die durch ein neues Museum der modernen und zeitgenössischen Kunst mit großen europäischen Städten wie Mailand und Barcelona konkurrieren könne, sagte er in einer programmatischen Ansprache.
Schon jetzt verfüge allein das jüngst grundrenovierte „Hôtel des arts“ über mehr als 500 bedeutende Kunstwerke im Schätzwert von zehn Millionen Euro, die aus Platzgründen aber nur ungenügend präsentiert werden könnten und aus Sicherheitsgründen an geheim gehaltenen Orten aufbewahrt werden müssten.
Zur globalen Anerkennung bedürfe die Stadt eines „unverwechselbaren Profils“, findet Masson. Zugleich räumte er ein, dass das ehrgeizige Projekt angesichts des „embryonalen Kommunalhaushalts“ nicht von einem Tag auf den anderen werde realisiert werden können.
Begünstigt wird Massons Engagement durch die Mitte Januar 2024 veröffentlichte Insee-Studie, nach der Toulon inzwischen mit über 180.000 Einwohnern zur zwölfgrößten Stadt Frankreichs angewachsen ist. Daselbst ist inzwischen eine hitzige öffentliche Debatte über den möglichen Standort des Museums und seine Finanzierung entbrannt.
Folkwangmuseum Essen lockt mit Antibes als Blickfang
Mit einem einladenden Plakat von Antibes wirbt das Essener Folkwangmuseum für seine große Ausstellung „Ferne Länder, Ferne Zeiten“. Seit 15. März werden in der Ruhrgebietsstadt rund 300 Werbeflächen aus der Zeit zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und heute gezeigt. Ergänzend zu sehen sind zahlreiche Photochrome, Postkarten sowie der Nachbau eines Kaiserpanoramas, mit dem sich die Besucher visuell auf weite Reisen begeben können.
Die Schriftstellerin Felicitas Hoppe hat als Special Guest exklusiv für das Museum literarische Miniaturen verfasst. Die bislang unveröffentlichten Texte werden sowohl in der Ausstellung als auch in der Folkwang-App erlebbar sein.
Pressesprecherin Anna Rutten schwärmt, ihr Museum sei „im Reisefieber“. Denn „die Sehnsuchtsfläche Plakat“ wecke starke Abenteuerlust.
Ausgangspunkt der Ausstellung sei die Frühzeit von Individualreisen um 1830, als die Engländer die Côte d’Azur“ entdeckten und glaubten, das milde Klima (zum Beispiel an der heutigen Promenade des Anglais von Nizza) werde sie von körperlichen und seelischen Krankheiten kurieren. „Bis in die 1950er-Jahre aber blieb Reisen ein Luxusgut, denn es brauchte frei verfügbare Zeit und viel Geld, um eine Reise antreten zu können“, erinnert Rutten. Die ausgestellten Plakate hätten aber „nicht nur zur Bewerbung dieser luxuriösen Reiseziele in Europa und der ganzen Welt“ gedient, „sondern wurden für die meisten Betrachter auch zu Projektionsflächen“ ihrer eigenen Träume.
„Nirgends lassen sich Zeit und Raum so lässig und mühelos überwinden wie in der Literatur”, bemerkt dazu Felicitas Hoppe: „Sie ist seit Menschengedenken die unangefochtene Expertin für die Reisefreiheit im Traum und im Kopf und bleibt für die grandios bebilderten Sehnsuchtsflächen der Kunst und der Werbung bis heute die beste Reisegefährtin.“
Die Ausstellung gibt einen Überblick darüber, wie sich die Bildsprache von Reiseplakaten in der jeweiligen Epoche verändert hat. Insbesondere in den 1920er- und 1930er-Jahren wandelten sich Erscheinungsbild und Design erheblich. Mit zunehmender Geschwindigkeit der modernen Verkehrsmittel wurden Eisenbahnen als Transportmittel immer mehr zum Gegenstand der Werbung. In den 1950er-Jahren erfuhr dann die zivile Luftfahrt wachsende Aufmerksamkeit: Namhafte Künstler wurden von den Airlines beauftragt, inspirierende Motive für ganze Plakatserien zu entwerfen
Hintergrund der Ausstellung, die internationale und deutsche Plakatsammlungen vor Augen führt, ist das 50. Jubiläum des Deutschen Plakat-Museums.
Brigitte Macrons Tochter Tiphaine hat ihren ersten Roman geschrieben
Tiphaine Auzière, jüngste Tochter von Präsidentengattin Brigitte Macron, hat Anfang März ihren ersten Roman („Assises“) veröffentlicht. Darin schildert sie ein Justizdrama, das die rechtlichen Verästelungen und Antworten auf häusliche Gewalt hinterfragt.
Nach eigenen Angaben hat sich die 40-jährige Anwältin in ihrem Buch an die Devise „Schreiben Sie, was Sie kennen“ gehalten. Geschildert wird die Geschichte einer jungen Verteidigerin aus Nordfrankreich, die eine wegen Mordes angeklagte Frau vertritt, die ihren gewalttätigen Ehemann getötet haben soll.
Auzière hat das Werk ihrem Schwiegervater gewidmet: „À Emmanuel, qui m’a montré que rien n’est impossible“ („Für Emmanuel, der mir gezeigt hat, dass nichts unmöglich ist“).
In einem Interview mit „Paris Match“ berichtet die Autorin, wie sie Anfang der 90er-Jahre als damals Zehnjährige die Zeit erlebte, als das französische Präsidentenpaar seine Liebesbeziehung begann: Sie Lehrerin, er ihr Schüler – die Gerüchteküche brodelte. „Wir waren in einer kleinen Provinzstadt. Jeder wusste alles.”
Verleumdungen und Urteile seien für sie sehr verletzend gewesen. Und durch ihr Buch habe sie sie noch einmal, „noch schmerzhafter“, erlebt.
Viele Nackte aus aller Welt in Münster
Das Museum für Kunst und Kultur in Münster zeigt bis zum 14. April Akte („Nudes“) aus der Tate Gallery in London und eigenen Beständen. Und natürlich sind neben vielen anderen bedeutenden Künstlern aus aller Welt die üblichen „Verdächtigen“ aus Südfrankreich mit von der Partie: Picasso, Renoir, Bonnard, Matisse, Max Ernst… Im Mittelpunkt steht jedoch Rodins „Kuss“ aus weißem (pentelinischem, also antikem griechischen) Marmor.
Der Akt gilt in der bildenden Kunst als ein Genre, das immer wieder soziale, gesellschaftliche und ästhetische Inhalte transportiert. „Ob privat, historisch, intim oder politisch: Eine Vielzahl an Künstlern hat den nackten Körper in ihren Werken als wandelnde Projektionsfläche der aktuellen Verhältnisse thematisiert“, erklärt die Kuratorin der Ausstellung, Tanja Pirsig-Marshall.
Im 19. Jahrhundert habe der Akt einen wesentlichen Bestandteil der künstlerischen Ausbildung in den Akademien ausgemacht. Dabei ließen sich die Künstler im Wesentlichen von Motiven aus Mythologie und Bibel inspirieren. Den Geschlechtern wiesen sie klare Rollen zu: Der maskuline Körper wird aktiv und heroisch dargestellt. Frauen eher passiv und verletzlich. Ende des Jahrhunderts entstanden dann mehr und mehr intime Akte im privaten Raum. Der Akt wird zur eigenständigen Darstellungsform, in der sich Ideale, Vorstellungen und Perspektiven, Träume und Ängste spiegeln. Der Feminismus und andere politische Bewegungen des 20. Jahrhunderts setzten sich dann offen und kritisch mit Nacktheit auseinander, stellten die sexuellen und rassistischen Stereotype in Frage und handelten neue Rollen aus.
Hemingway und Picasso: Bei den Hörnern genommen
Das Picasso-Museum in Münster zeigt bis zum 12. Mai eine Studioausstellung über die beiden Stierkampf-Freaks Picasso und Hemingway, in der das künstlerische Schaffen des Spaniers in einen Dialog eintritt mit dem literarischem Werk des Amerikaners. Für beide gehörte das blutige Geschehen in den Arenen zu ihren Lebensthemen.
Picasso und Hemingway gehören zu den bedeutendsten Innovatoren der Klassischen Moderne: Picasso hat bis in die Nachkriegsjahre hinein auf Augenhöhe mit den jeweiligen Avantgardebewegungen seiner Zeit agiert und als Jahrhundertkünstler maßgeblich zur Entwicklung der Kunst der Moderne beigetragen. Hemingway gilt als Inbegriff der amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts. 1953 erhielt er den Pulitzerpreis und ein Jahr später den Literaturnobelpreis.
Kennengelernt hatten sich die beiden in den Roaring Twenties im Pariser Salon der US-amerikanischen Schriftstellerin und Kunstsammlerin Gertrude Stein. Während Stein zu Beginn des Jahrhunderts zu einer Förderin Picassos wurde, gab sie Hemingway und der Lost Generation in den 1920er-Jahren entscheidende literarische Impulse. Beide Künstler setzten sich intensiv mit dem Spanischen Bürgerkrieg auseinander und schufen mit dem Gemälde Guernica und dem Roman „Wem die Stunde schlägt“ zwei der bedeutendsten Werke des 20. Jahrhunderts.
Eingeleitet wird die Präsentation in Münster mit Momentaufnahmen der beiden bekannten Fotografen Robert Capa und David Douglas Duncan, die intime Einblicke in Lebensstationen und Schaffensprozesse von Picasso und Hemingway ermöglichen. Im Anschluss widmet sich die Ausstellung Hemingways Zeit in der französischen Hauptstadt, die er in „Paris – Ein Fest fürs Leben“ eindringlich beschreibt, und stellt den Texten Hemingways Picassos klassizistische Porträts von Literaten jener Tage gegenüber. In einem dritten Kapitel werden Picassos und Hemingways Schaffensprozesse beleuchtet, die beide „im kompositorischen Entschlacken“ (Kurator Alexander Gaude) wetteiferten.
Übrigens...
Erst klang es wie ein schlauer Schachzug: Die Familie Geiss verlässt das feine Monaco, um sich in Dubai neue Geschäftsfelder zu erschließen. Und RTL 2 begleitet seine Zugpferde dabei. Auch die Berliner Zeitung und die Bildzeitung vermelden den geplanten Umzug – garniert mit einer Geschichte über den Rolls-Royce und den Bentley der Millionärsfamilie, die ebenfalls in die Vereinigten Arabischen Emirate verschifft werden: „In Dubai sind Autos deine Visitenkarte und da müssen die wie aus dem Ei gepellt sein“, zitiert die BZ Familienoberhaupt Robert Geiss.
Nun sickerte durch, dass der Wegzug aus Saint-Tropez, wo die Geissens ein Landhaus besitzen, und Monaco, wo sie aus steuerlichen Gründen ihren Hauptwohnsitz haben, nicht wegen der Goldgräberstimmung im fernen Dubai der Côte d’Azur den Rücken kehren, sondern weil sie sich dort unerwünscht fühlten. Weil, wie es heißt, ja weil… die Familie Geiss dem legendär reichen monegassischen Stadtstaat nicht reich genug und zu ordinär („not appropriate“) erschienen sei. 80 Prozent der Bevölkerung des Fürstentums sollen nicht über die monegassische Staatsbürgerschaft verfügen.