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Modefestival – weltberühmter Kuss – Kinostarts

“Streiflichter” – unter dieser Rubrik stellen wir wöchentlich wissenswerte Kurzinfo von der Côte d’Azur und aus der Provence zusammen. Diesmal dreht sich alles um Mode, Kunst und Kino. Von Rolf Liffers.

Modefestival von Hyères wieder total schrill

Unter einem wolkenlosen Sommerhimmel und entsprechend heiterer Stimmung hat letztes Wochenende in Hyères-les-Palmiers (Département Var) das 38. Internationale Festival für Mode, Fotografie und Accessoires stattgefunden.

Bei der Siegerehrung im Garten der legendären Villa Noailles triumphierte der erst 24-jährige Igor Dieryck vom Haus Hermès. Seine Unisex-Kollektion gewann in der Kategorie Mode gleich drei Preise – den Großen Preis der Jury von Première Vision, den Preis “le 19M des Métiers d’Art” von Chanel sowie den Publikumspreis der Stadt Hyères.

Weiterer Preisträger aus dem Modesegment war die Schwedin Petra Fagerstrom, die den Titel für die öko-verantwortliche Mercedes-Benz-Kollektion sowie den Preis “l’Atelier des Matières” einheimsen konnte.

Ausgezeichnet wurden darüber hinaus Thaddé Comar (Großer Preis der Jury für Fotografie 7L), Souleymane Bachir Diaw (Preis für American Vintage Fotografie), Kin Coedel (Publikumspreis Fotografie der Stadt Hyères), Gabrielle Huguenot (Großer Zubehör-Preis der Jury) sowie Victor Salinier (Hermès-Preis für Modeaccessoires und Publikumspreis von Hyères).

Deutsche Nachwuchs-Couturiers hatten sich in diesem Jahr auf dem Modesektor nicht fürs Finale qualifizieren können. Wohl aber die „Lauréats“ Rebekka Deubner aus München (Fotografie), die Pforzheimerin Lisa Kwoczek (Accessoires) und Christiane Schwambach aus Hamburg (besondere Erwähnung der Jury Accessoires).

Was durchaus gewollt ist: Alle modischen Kreationen fielen wieder äußerst schrill aus, stellten also das Gegenteil dar von klassisch/prêt-à-porter und waren insofern wohltuend untragbar.

Nizza zeigt berühmtesten Kuss in der Geschichte der Fotografie

Doisneau

Die faszinierende Geschichte von Robert Doisneaus „Baiser de l’Hôtel de Ville“ wird jetzt in Nizza wieder lebendig: Der Trubel auf der Pariser Rue de Rivoli, die eiligen Passanten, der majestätische Schatten des Rathauses im Hintergrund und mittendrin ein fast göttlicher Moment der Zärtlichkeit. Der berühmteste Kuss in der Geschichte der Fotografie wird 73 Jahre alt. Bis zum 28. Januar 2024 erzählt das Musée de la Photographie Charles Nègre in der Altstadt nun in einer großen Retrospektive die Geschichte eines der ganz großen französischen Fotografen der Nachkriegszeit. Doch der Chef des Hauses, Stéphane Tallon, sagte es frei heraus: Diosneaus berühmtestes Foto von 1950 war kein Schnappschuss, wie bis 1980 angenommen wurde. Die Szene wurde gestellt.

Inmitten des Stroms der Pariser Passanten küssen sich ein Mann und eine Frau und halten den Lauf der Zeit an. Dieses ikonische Bild wurde von der amerikanischen Zeitschrift Life in Auftrag gegeben. Thema war die Pariser Liebe im Frühling.

Mehr als 30 Jahre lang verschwand das Foto vom Radar, bevor es 1986 wieder auftauchte.Wenn es einen Fotografen gab, der den Auftrag des Life-Magazins erfüllen konnte, dann war es Robert Doisneau gewesen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der aus Gentillé stammende Künstler einen großen Teil seiner Karriere der Stadt der Lichter gewidmet. „Der letzte Walzer am 14. Juli“, „Die Blumenverkäuferin“, „Die Schürzen der Rue de Rivoli“ – seine Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind legendär und von einer fast magischen Nostalgie geprägt.

Für Life durchstreifte Doisneau die Stadt auf der Suche nach dem perfekten Moment. Dabei entstand eines seiner berühmtesten Bilder. Der erfahrene Beobachter war dafür bekannt, intime Momente von seinem Bistrostuhl oder einer Straßenecke aus zu erfassen und blitzschnell festzuhalten. Doch hinter diesem Schnappschuss, der aussieht, als wären die Liebenden auf frischer Tat ertappt worden, verbirgt sich eine nette Geschichte:

Als Doisneau in einem Café saß, entdeckte er ein junges Paar, das sich nur wenige Tische von ihm entfernt in den Armen lag. Instinktiv spricht Doisneau sie an und bietet ihnen ein Fotoshooting an, für das er 5000 Francs (heute umgerechnet 1460 Euro) zahlt. Sie sind jung und verliebt. Die Umarmung ist zwar inszeniert, aber dennoch so romantisch, als wäre sie spontan entstanden. Die Magie wirkt, als die beiden Fremden sich auf dem überfüllten Bürgersteig küssen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme kannte Robert Doisneau die Identität seiner Modelle nicht, die lange Zeit geheim bleiben sollte.

1980 entdeckt einer von Doisneaus Mitarbeitern das längst vergessene Foto in dessen Archiv und empfindet es nicht nur als besonders schön, sondern auch reich an typisch französischen Codes wie den Passanten mit Béret links von dem Pärchen. Er bittet Doisneau, davon Plakate machen zu dürfen, die prompt wie eine Bombe einschlagen und einen geradezu planetarischen Erfolg bewirken.

Bis heute hat das Bild nichts von seiner Faszination verloren, wie auch viele andere von den Bildern, die jetzt in Nizza zu sehen sind und dokumentieren, wie sehr Doisneau vom Alltag der Menschen animiert war. Zitat: „Die Welt, die ich zu zeigen versuchte, war eine Welt, in der ich mich selbst wohl fühlte, in der die Menschen liebenswürdig waren, in der ich die Zärtlichkeit fand, die ich für mich selbst ersehnte. Mit meinen Fotos wollte ich beweisen, dass eine solche Welt wirklich existiert.“

Neustarts bis Weihnachten in Deutschlands Kinos

Bis Dezember locken Filme wie „Killers of the Flower Moon“, der Cannes-Sieger „Anatomie eines Falls“, Ridley Scotts Film „Napoleon“, das Drama „One For the Road“, eine Doku über Vermeer und zwei Filme von Wim Wenders ins Kino.

Wenders (77) bringt diesen Herbst gleich zwei Filme auf die Leinwand: den Dokumentarfilm in 3D über den deutschen Künstler Anselm Kiefer („Kiefer“) und eine stille Alltagsstudie eines glücklichen Menschen in Tokio, „Perfect Days“. Dessen Hauptdarsteller Koji Yakusho erhielt in Cannes die Goldene Palme als bester Schauspieler. Zugleich ist der Streifen Japans Oscar-Hoffnung in der Kategorie „bester internationaler Film“. Er läuft kurz vor Weihnachten an. „Kiefer“ und „Perfect Days“ erhielten auch beim Filmfest Hamburg großen Beifall.

Wenders und Kiefer sind gleichaltrig und kennen sich seit Jahrzehnten. Der Dokumentarfilm macht Kiefers Werk sinnlich erfahrbar.

Fans von Justiz-Thrillern freuen sich auf den französischen Cannes-Siegerfilm von Justine Triet. Sandra Hüller glänzt in „Anatomie eines Falls“ ab dem 2. November als deutsche Schriftstellerin, die mit ihrem französischen Ehemann und ihrem sehbehinderten Sohn in den Bergen lebt. Nach wenigen Szenen stirbt der Ehemann – und danach steht die Schriftstellerin Sandra (so heißt auch die Figur im Film) unter Mordverdacht und muss sich vor Gericht verteidigen.

Zuvor spielt Frederick Lau mit Nora Tschirner in Markus Gollers Film „One for the road“ einen Bauleiter, der ein großes Problem mit Alkohol hat. Eines Tages verliert er seinen Führerschein und geht danach eine Wette ein, keinen Alkohol mehr zu trinken.

Martin Scorsese arbeitet erneut mit Leonardo DiCaprio und Robert De Niro zusammen – für die Literaturverfilmung „Killers of the Flower Moon“, ein fast vierstündiger Film mit der 36-jährigen Hauptdarstellerin Lily Gladstone. Sie verkörpert eine der reichen Frauen des wohlhabenden Osage-Volkes, die eine Ehe eingeht mit Ernest Burkhart, dem Neffen eines einflussreichen Onkels (De Niro). Unter der Bevölkerung und besonders vielen Osage-Frauen gibt es eine Reihe mysteriöser Morde. Das Drama feierte im Mai in Cannes Weltpremiere.

Schloss La Barben bietet jetzt Themenpark über die Provence

In dem kleinen Dorf La Barben (Département Bouches-du-Rhône) erhebt sich ein gediegenes mittelalterliches Schloss, das seit wenigen Tagen als Themenpark öffentlich zugänglich ist, der einzig der Provence huldigt.

La Barben mit seinen 900 Einwohnern liegt zwischen Aix-en-Provence und Salon-de-Provence. Neben den Überresten römischer Villen ist der Ort vor allem für den imposanten Herrensitz bekannt, der im 11. Jahrhundert erbaut wurde und jetzt als Freizeitanlage dient.

Trotz Einsturz seines Bergfrieds durch ein Erdbeben Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Gebäude, das das Tal des Touloubre überragt, in den 1970er-Jahren von einem privaten Besitzer aufgekauft, der dort auch einen Tierpark gründete, in dem sich laut Website „über 650 Tiere 130 verschiedener Arten“ tummeln, vom Affen über Vögel und Katzen bis hin zu Schlangen.

Übrigens...

…ist man in Frankreich „scheiße drauf“, lässt man den Kopf hängen oder es ist einem eine Laus über die Leber gekaufen, sagt man „avoir le cafard“ – wörtlich: die Kakerlake haben. Mit dem gleichnamigen Insekt hat das jedoch nichts zu tun. Die Wendung stammt aus dem Gedichtband „Les fleurs du mal“ (1857) von Charles Baudelaire.

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