In Nizza rieten schon am letzten Wochenende die elektronischen Anzeigetafeln an den Straßen zur vorsorglichen Bildung von Fahrgemeinschaften (covoiturage). Denn ab heute gehen aus Protest gegen die geplante Rentenreform wieder Hunderttausende von Franzosen auf die Straße. Und das dürfte nur der Auftakt für wochenlange Proteste sein.
Alle acht großen Gewerkschaften des Landes haben die Bürger aufgerufen, Frankreich am nunmehr sechsten Aktionstag seit Mitte Januar endgültig „zum Stillstand zu bringen“. Landesweit soll es mehr als 250 Demonstrationen geben. Im Verkehr soll es zu erheblichen Problemen kommen – auch bei Verbindungen nach Deutschland. Vorab wurden bis zu 30 Prozent der Flüge und vier von fünf TGV-Verbindungen gestrichen.
Die heutigen Proteste dürften nur der Auftakt sein. Die Gewerkschaften haben angekündigt, eine Reihe von Protestaktionen am internationalen Frauentag am morgigen Mittwoch und darüber hinaus fortzusetzen. Bei der Staatsbahn SNCF wurde beschlossen, über den Fortgang der Streiks von nun an jeden Abend zu beraten. Auch in der Industrie soll es länger anhaltende Arbeitsniederlegungen geben. Das Ziel sei es, „die Wirtschaft in die Knie zu zwingen“.
Gewerkschaften und Opposition werfen Präsident Emmanuel Macron vor, seine Rentenreform sei ungerecht, unnötig und unzeitgemäß. Jüngste Zugeständnisse der Regierung beeindruckten die Reformgegner nur wenig. Dem Senat als Oberhaus des französischen Parlaments bleibt noch bis Sonntagabend Zeit zu debattieren. Anschließend befasst sich ein Vermittlungsausschuss mit dem Gesetzesentwurf. Der Ausschuss darf bis zum 26. März verhandeln. Danach könnte Macron das Renteneintrittsalter per Rechtsverordnung von 62 auf 64 Jahre hochsetzen – trotz fehlender Parlamentsmehrheit.
R.L.