Weltweit haben die Medien um die Jahreswende an den Erbauer des Eiffelturms, Gustave Eiffel, erinnert, der vor 100 Jahren starb. Fast zeitgleich mit dem Todestag des großen Ingenieurs ist in dieser Woche ein Buch aus der Feder des Nizzarder Universitätsprofessors Yves Dao-Léna erschienen, das die Entstehungsgeschichte des Pariser Wahrzeichens aus einem eher ungewöhnlichen Blickwinkel nachzeichnet. Nach Quellen von azurblau.fr war Eiffel zumindest technisch auch maßgeblich an der Konstruktion der New Yorker Freiheitsstatue beteiligt. Künstlerischer Schöpfer der Statue of Liberty, von deren Original es an der Côte d’Azur zwei bescheidene Ableger gibt, war der Bildhauer Auguste Bartholdi, der mit Eiffel über die Zusammenarbeit hinaus noch eine andere bemerkenswerte Gemeinsamkeit hatte – deutsche Wurzeln! Von Rolf Liffers.
Väterlicherseits entstammte der 1832 in Dijon geborene Alexandre Gustave Bönickhausen dit Eiffel (genannt Eiffel) der Familie „Bönickhausen-Eiffel“, die Anfang des 18. Jahrhunderts aus dem Rheinland nach Frankreich ausgewandert war. Der älteste in Frankreich registrierte Vorfahre hieß Jean René Bönickhausen, von dem man weiß, dass er 1711 in Paris eine gewisse Marie Lideriz geheiratet hat und mit 75 Jahren in der Picardie das Zeitliche segnete. Er soll der Sohn des Eifeler Schulmeisters Leo Heinrich Bönickhausen gewesen sein, der in Aremberg im Kreis Ahrweiler das Licht der Welt erblickte und danach in Marmagen (Kreis Euskirchen) lebte.
Bevor sich Gustave Eiffel als Ingenieur und Konstrukteur von Stahlbauwerken einen Namen machte, hatte er ein hochkomplexes Verfahren zum Patent angemeldet. Ohne diese Erfindung, die erstmals die Montage von über 300 Meter hohen Metallpfeilern und -pylonen gestattete, hätte der Eiffelturm (ab Januar 1887) nicht gebaut werden können.
Fingerabdrücke an der Côte d’Azur
Auch an der Côte d’Azur hat Eiffel denkwürdige Fingerabdrücke hinterlassen. Als da sind die Brücke über den Fluss Vésubie in Pont-du-Var, das Viadukt Font Lauguières in der Nähe von Grasse sowie das meteorologische Labor in Beaulieu. Zu seinen Hinterlassenschaften gehören außerdem Teile der schönsten Immobilien in Nizza. Daselbst beispielsweise die faszinierende Glaskuppel des Nobelhotels Negresco und das Dach des Salon Royal, das einen Regenbogen aus Sonnenstrahlen auf den Marmorboden wirft. Dann das astronomische Observatorium, das die Stadt in 372 Metern Höhe überragt. 1885 entwarf Eiffel die massive Hauptkuppel, die das größte Teleskop der Welt beherbergen sollte. Ein Besuch des Observatoire de la Côte d’Azur lohnt sich also allemal.
Des weiteren soll Eiffel gelegentlich Aufträge für Schmiedearbeiten von Wohnungen in Nizza übernommen haben: etwa für eine Innentreppe in der Nähe der Banque Populaire am Boulevard Victor Hugo und die auffälligen Balustraden über der Bank Société Générale an der Ecke der Rue Cassini am Hafen.
Was den Eiffelturm anlangt, stieß sein Bauwerk keineswegs überall auf Gegenliebe. Der französische Schriftsteller Guy de Maupassant („Bel-Ami“) soll es sogar als derart grottenhässlich empfunden haben, dass er nur noch im obersten Stockwerk seines Restaurants zu speisen pflegte, weil dies der einzige Ort in Paris war, von dem aus man das „Monstrum“ nicht sehen konnte.
Eiffel verpasste Bartholdis Freiheitsstatue die "Eingeweide"
Die Altvorderen des französischen Bildhauers Frédéric-Auguste Bartholdi (1834-1904), der die New Yorker Freiheitsstatue (ursprünglich Bartholdi-Statue bzw. „Liberté éclairant le monde“, etwa: „Die Freiheit erhellt die Welt“) schuf, hießen ursprünglich Barthold und stammten aus Süddeutschland. Als die Familie ins Elsass zog, nannte sie sich fortan Bartholdy bzw. Bartholdi. Das New Yorker Wahrzeichen zu entwerfen, war Bartholdis Lebenstraum. Auch der französisch-preussische Krieg (1870/71) und die allgemeine Finanzmisere vermochten ihn nicht abzuschrecken. Ab 1875 entwarf und baute er verschiedene zwischen ein und elf Meter hohe Ton- und Gipsmodelle.
Das für die Stabilität der endgültigen „Miss Liberty“ notwendige Fachwerk im Inneren der Statue stammte wiederum aus dem Hause Eiffel. Der zur Equipe gehörende kongeniale Ingenieur Maurice Koechlin hatte ab 1879 ein ausgeklügeltes Trägersystem für das 127 Tonnen schwere Monument ausgetüftelt. Im Sommer 1884 schließlich fand in Paris die Endmontage der aus 300 Kupferplatten bestehenden Statue statt, bevor sie schließlich – zerlegt und verpackt – an Bord des Dampfers Isère und als Geschenk des französischen Volkes an ihren Zielort Liberty Island verfrachtet und dort am 28. Oktober 1886 eingeweiht wurde.
Kleinere Repliken der Freiheitsstatue finden sich inzwischen unter anderem in Las Vegas, Bordeaux, Lunel und Saint-Cyr-sur-Mer sowie in Bartholdis Heimat Colmar. Gleich mehrere „Geschwister“ stehen in Paris und eine weitere Nachbildung seit 2014 auch am Quai des Etats-Unis in Nizza.
Der inzwischen emeritierte Mathematik- und Physikprofessor Dao-Léna hat das Projekt Eiffelturm in seinem bei Editions Ellipses erschienenen Buch „Les 72 savants de la Tour Eiffel“ aus einer ganz neuen Perspektive beschrieben. So stellte er fest, dass in der Erinnerung immer nur Eiffel als das große Genie apostrophiert worden ist. Tatsächlich hätten aber insgesamt 72 Gelehrte zum Gelingen beigetragen. Außerdem sei das Unternehmen – typisch für jene Zeit – reine Männersache gewesen. Jedenfalls habe Eiffel keine einzige Frau mitwirken lassen.
Heute wohnt der 78-jährige Dao-Léna in Villars-sur-Var an der Côte d’Azur. Wie er bei der Vorstellung seines noch druckfrischen Werks verriet, hat er sich inzwischen einem anderen Thema zugewandt – dem Goldenen Zeitalter der arabo-muselmanischen Wissenschaften.