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Chagall, Matisse, Miró – Franzosen trinken weniger Wein – Neuer Wanderführer

“Streiflichter” – unter dieser Rubrik stellen wir wöchentlich wissenswerte Kurzinfo von der Côte d’Azur und aus der Provence zusammen. Viel Spaß beim Schmökern! Von Rolf Liffers.

Freunde des Südens und der Druckgrafik: Chagall, Matisse, Miró

Das Folkwang-Museum im nordrhein-westfälischen Essen erzählt seit Anfang September bis zum 7. Januar 2024 in seltener Vollständigkeit die über 120-jährige Geschichte der modernen künstlerischen Druckgrafik. Dazu haben die Ausstellungsmacher auf 840 Quadratmetern fast sämtliche Meister auf diesem Gebiet unter einem Dach versammelt.

Das Spektrum reicht von den Pionieren dieser Technik wie Henri de Toulouse-Lautrec und Théophile-Alexandre Steinlen, die die Originalgrafik Ende des 19. Jahrhunderts salonfähig machten, und erstreckt sich über die Klassiker der Moderne des 20. Jahrhunderts bis hin zu zeitgenössischen Aktivisten wie Jim Dine und Filmregisseur David Lynch. Über all die Jahrzehnte ist Paris Welthauptstadt des Kunstdrucks geblieben. So erklärt sich denn auch der Titel der großen Schau: „Chagall, Matisse, Miró – Made in Paris“.

Beim Durchwandeln der zehn von Kurator Tobias Burg geschickt bestückten Säle mit ihren rund 250 Lithografien, Radierungen, Holzschnitten, Malerbüchern, Mappenwerken und den besonders beliebten Veranstaltungsplakaten wird schnell offensichtlich: Die ausgestellten Werke stammen zu einem großen Teil von (den insgesamt reichlich 30) Künstlern, die mehr oder weniger in Südfrankreich zu Hause waren, im sonnenverwöhnten Landstrich zwischen Okzitanien und Provence.

Peter Gorschlüter
Folkwang-Direktor Peter Gorschlüter erklärt den Siegeszug der grafischen Blätter damit, dass sich die Leute Druckgrafiken eher leisten konnten als Ölgemälde

Unter den Protagonisten (von West nach Ost:) Georges Braque (Céret), Aristide Maillol (Banyuls-sur-Mer), Toulouse-Lautrec (Albi), Paul Gauguin (Arles), Paul Cézanne (Aix-en-Provence), Max Ernst (Seillans), Fernand Léger (Biot), Pablo Picasso (Cannes, Mougins), Hans Hartung (Antibes) sowie Chagall, Matisse, Max Beckmann, Edvard Munch (alle ganz oder zeitweise in Nizza). Man hätte zur Abrundung auch noch Leute wie Jean Cocteau (Menton) oder Hans Arp (Antibes) einbeziehen können. Aber das hätte den Rahmen vielleicht dann doch gesprengt.

Egal woher – vervielfältigen aber ließen und lassen sie nahezu alle ausschließlich in der relativ fernen nördlichen Metropole mit ihren vielen hochspezialisierten Druckereien wie Mourlot Frères oder Delâtre und viel später auch Idem. Zudem war Paris Tummelplatz bedeutender Verleger wie Vollard und Tériade sowie einflussreicher Galeristen wie Maeght und Kahnweiler.

Die rasch wachsende Popularität der originalgrafischen Kunst erklärt Museumsdirektor Peter Gorschlüter hauptsächlich mit den vielfach mehr oder weniger hohen Auflagen, die solche Blätter für breitere Bevölkerungskreise erschwinglicher machten als Gemälde.

Bier läuft Wein den Rang ab

Die Franzosen trinken immer weniger Wein: Diesen Herbst werden daher fast 10.000 Hektar Rebstöcke in der Region Bordeaux gerodet – dafür zahlt die Regierung in Paris Millionen. Tendenziell ähnlich ist die Entwicklung im südfranzösischen Languedoc-Roussillon.

Der Grund für die schon länger anhaltende Überproduktion ist so einfach wie profan: Lebens- und Trinkgewohnheiten haben sich verändert. Statt zum traditionellen Nationalgetränk greifen vor allem jüngere Leute immer häufiger zu Bier oder verzichten ganz auf Alkohol. Neben diesem Trend stellt außerdem der Klimawandel das Weinland vor große Herausforderungen.

Wenn auch mit hauchdünnem Vorsprung hat Bier nach der jährlichen Umfrage der Marketinggesellschaft Sowine dem Wein inzwischen den Rang als beliebtestes Getränk in Frankreich abgelaufen. Dabei ist die Vorliebe für Bier bei Männern ausgeprägter als bei Frauen, und Weißwein war zuletzt gefragter als Rotwein. 15 Prozent der Befragten gaben an, überhaupt keinen Alkohol zu trinken. Unter den 18- bis 25-Jährigen sind es 23, in der Altersspanne der 50- bis 65-Jährigen nur zehn Prozent.

Rosé
Die Provence ohne Rosé? Das bleibt undenkbar… Foto: AS

Wein wird auch nach Angaben des Branchenverbandes Vin & Société zunehmend verschmäht. Innerhalb von 60 Jahren sei der Weinkonsum der Franzosen um rund 70 Prozent, von über 120 Litern pro Jahr und Einwohner im Jahr 1960 auf weniger als 40 Liter im Jahr 2020 gesunken. Bei den 18- bis 35-Jährigen verlor Wein allein von 2014 bis 2021 neun Prozentpunkte Marktanteil. 2021 entfielen 39 Prozent der Einkäufe alkoholischer Getränke der unter 35-Jährigen auf Bier. Wein machte nur noch 27 Prozent aus.

Die gesellschaftlichen Veränderungen erkennt der Verband zum Beispiel daran, dass „die traditionellen Mahlzeiten, bei denen Wein auf den Tisch kommt, an Bedeutung verlieren und die Kultur des Weintrinkens in Familien nicht mehr so selbstverständlich weitergegeben wird wie früher“. Hinzu komme die wachsende Zahl der Single-Haushalte. Wein werde eben eher in Gesellschaft getrunken.

Das Image des Weines müsse in Frankreich aufpoliert werden, fordert der Verband. Dabei gehe es nicht darum, die Franzosen zum Abusus zu animieren, versicherte Vin & Société-Präsident Samuel Montgermont. „Die Frage ist aber: Wollen wir Wein bald lieber in Museen sehen als auf unseren Tischen?“

Allerdings beschränkt sich der ganze Trend nicht allein auf Frankreich. Nach Angaben der EU-Kommission ist der Weinkonsum in diesem Jahr in Italien um sieben Prozent, in Spanien um zehn, in Deutschland um 22 Prozent und in Portugal gar um 34 Prozent zurückgegangen.

Neuer Wanderführer "Côte d’Azur"

Die Hitze weicht, und mit dem Herbst nähern sich auch in der Provence wieder die passenden Temperaturen für Ausflüge per pedes apostolorum: Im neuen Kompass-Wanderführer „Côte d’Azur“ * erschließt die Autorin Astrid Sturm dem Leser mit 50 Touren unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade die Dörfer auch im Hinterland. Enthalten sind auch zwei praktische Wandertipps durch die Calanques bei Marseille.

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Übrigens...

…wenn es in Herbst und Winter wieder kühler wird, spricht der Franzose von Entenkälte („un froid de canard“). In Deutschland würde man „Saukälte“ sagen.

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