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Der Tropfen aus poliertem Stahl mit vier Metern Durchmessern von Tom Shannon im Weinberg vor dem Musikpavillon von Frank Gehry: zwei Hauptwerke im Weinberg von Château La Coste. Foto: P. Bausch

Château La Coste: Spielwiese für die Welt-Elite

Das Weingut Château La Coste in der Provence, seit 15 Jahren ein Glanzlicht in der Provence, baut das Kulturzentrum für Architekten und Künstler mit Bob Dylan, Ai Weiwei, Renzo Piano und Oscar Niemeyer weiter aus.

Seit gut 15 Jahren gehört Château La Coste im Norden von Aix-en-Provence zu den Glanzlichtern in der Provence. Das Weingut und Kulturzentrum hat in der Corona-Pandemie-Zeit seinen Ruf als Spielwiese für die Welt-Elite von Architektur und Kunst weiter untermauert. Die erste große Installation von Literatur-Nobelpreisträger Bob Dylan in Europa hat ihre Heimat im provenzalischen Städtchen Le Puy Sainte Réparade gefunden, in unmittelbarer Nähe zum gepflasterten Pfad von Ai Weiwei, einer Galerie von Richard Rogers und einem Marmor-Sarg für die Geheimnisse der Spaziergänger der Französin Sophie Calle.

Es war einmal ein ganz normales Weingut in der Provence, das eine Familie übernimmt, die in den 1960er-Jahren aus Nordafrika nach Frankreich kommt. Der Weinberg knapp 20 Kilometer im Norden von Aix-en-Provence wird vor gut 15 Jahren von dem aus Irland stammenden Finanzmakler Patrick McKillen erworben. Der Milliardär übernimmt praktisch das komplette Team der Familie Bordonado, stellt aber den Weinbau komplett auf Bio um.

Es ist beileibe nicht die einzige Revolution in dem Weinberg. Die Villa im italienischen Palladio-Stil und die alten Weinkeller zwischen zwei antiken römischen Straßen verlieren ihre Bedeutung als Zentren für Château La Coste. Der französische Stararchitekt Jean Nouvel, der in Paris die Cartier-Stiftung, das Museum am Quai Branly oder die Philharmonie, aber auch die Louvre-Dependance in Abu Dhabi entwirft, baut 2008 die neuen Gebäude für die Weinproduktion in Le Puy Sainte Réparade als zehn Meter hohe Halbkreise unter Stahlblechen, die bis zu 17 Metern unter der Erde die Fässer beherbergen.

Kunstzentrum von Patrick McKillen und seiner Schwester Mary

Noch deutlicher und deutlich behutsamer wird der Wechsel im Empfangsgebäude für das Weingut. Der Japaner Tadao Ando, der sich auf minimalistische Architektur mit speziell glatt gestrichenem Beton spezialisiert, baut mit Glas, Licht und Winkeln ein Ensemble mit Bibliothek, Restaurant und Ticketverkauf, das die verschiedenen Wasserflächen über einer Tiefgarage verbindet. Die Kunstwerke sind erste Sahne: eine Riesenspinne “Crouching Spider” von Louise Bourgeois, die kurz vor dem Tod der Künstlerin 2010 installiert wird, das mathematische Modell “Infinity” des Japaners Hiroshi Sugimoto ebenfalls aus dem Jahr 2010 und das Mobile “Small Crinkly” von Alexander Calder aus dem Jahr 1976, eines der letzten Werke des Künstlers.

Patrick McKillen und seine Schwester Mary McKillen bauen das Kunstzentrum behutsam weiter aus. Der alte Weinkeller wird 2015 von Jean-Michel Wilmotte, der Markthallen in Nîmes, aber auch Museen in Paris und Lyon oder ein Stadion in Nizza entworfen hat, zur Galerie umgebaut. Frank Gehry, der US-Architekt, der das Guggenheim-Museum in Bilbao, die Stiftung Louis Vuitton im Bois de Boulogne von Paris, aber auch jüngst den “Luma”-Turm im südfranzösischen Arles entworfen hat, überlässt Château La Coste einen dekonstruktivistischen Musikpavillon, den er einst für London gebaut hat.

Der Pavillon wird inzwischen vom internationalen Opernfestival von Aix-en-Provence oder für Open-Air-Kino-Vorführungen genutzt. Ein paar Schritte weiter hat die gerade 90 Jahre alt gewordene Fluxus-Künstlerin Yoko Ono Mandelbäume, ihre “Wish Trees”, als Hommage an ihren ermordeten Mann John Lennon gepflanzt. Es geht vorbei an dem riesigen Blumentopf “Calix Meus Inebrians” von Guggi aus Irland bis zum Ausstellungspavillon, den Renzo Piano zum Teil im Weinberg versteckt hat. Der italienische Architekt, der mit seinen Arbeiten in der ganzen Welt vertreten ist und außer dem Hafen von Genua, dem Whitney-Museum New York, dem Centre Pompidou in Paris auch das Design-Center im Mercedes-Benz-Werk Sindelfingen entworfen hat, wühlt sich mit seiner Galerie in den Weinberg von Château La Coste hinein.

Renzo Pianos Partner für das Centre Pompidou in Paris, Richard Rogers, ist natürlich ebenfalls im provenzalischen Weinberg vertreten mit einer spektakulären Galerie, die sich auf rot gestrichenen Stahlträgern aus dem Wald über die Weinberge schwingt und den Blickkontakt mit “La Cride”, einem vor über hundert Jahren von einem Erdbeben zerstörten Weiler, aufnimmt. Damit stellt sich der Architekt, der 2022 gestorben ist, in eine Reihe mit Andy Goldsworthy, Jahrgang 1956 und einer der Pioniere der Land Art, der 2009 mit seinem “Oak Room”, dem Schutzraum aus über Tausend Teilen Eichenholz, einen der schönsten poetischen Orte im Weinberg geschaffen hat.

Von der Rogers-Galerie im Südosten des Geländes geht es zum “Ruyi Path”, den Ai Weiwei 2017 angelegt hat. Der chinesische Künstler hat in der Provence einen Weg zwischen zwei antiken römischen Straßen angelegt. Mit Pflastersteinen vom Alten Hafen in Marseille, den Stararchitekt Norman Foster ausgeräumt hat, und mit denen Ai Weiwei an seinen Vater erinnert, der in den 1920er-Jahren Europa just in Marseille entdeckt hat.

Der Pflasterweg führt zur Installation “Dead End” von Sophie Calle, aber auch zur Installation “Rail Car” von Bob Dylan. Der Sänger, der 2016 den Nobel-Literaturpreis bekommt, hat 2022 auf Château La Coste eine Ausstellung für seine Bilder bekommen und dem Weingut einen Güterwagen hinterlassen, der an seine Jugend erinnern soll. Bob Dylan hat das Eisenbahnteil, das einst in Amerika Papierrollen transportierte, mit Federn, Rädern, Ketten und Werkzeugen nach fünf Seiten offen gestaltet.

Das bislang letzte Werk auf Château La Coste ist die Galerie, die Oscar Niemeyer, der Brasilianer mit deutschen Wurzeln, noch zu seinen Lebzeiten konzipiert hat. Das Büro des Architekten, der die Regierungszentrale Brasilia, aber auch das Kulturhaus in Le Havre oder den Sitz der kommunistischen Partei in Paris entworfen und dafür 1988 den Pritzker-Preis bekommen hat, öffnet mit viel Glas mitten in Vermentino-Reben einen Ausstellungsraum und ein Auditorium.

Peter Bausch

Château La Coste

Das Château La Coste liegt gut 15 Kilometer im Norden von Aix-en-Provence (2750, Route de la Cride, 13610 Le Puy Sainte Réparade). Das Weingut mit biodynamischem Betrieb verkauft die Flaschen in der eigenen Boutique und bietet Degustationen an. Rund um das Empfangsgebäude  gibt es das Restaurant “Tadao Ando”, in der schönen Jahreszeit die Bewirtung im Café-Restaurant “La Terrasse” draußen. Weiter bietet das Restaurant “Vanina” italienische Küche und das Restaurant “Francis Mallmann Provence” argentinische Spezialitäten. Auf dem Parcours durch die Weinberge zu den Kunstwerken und den Ausstellungsräumen, die Jean-Michel Wilmotte, Renzo Piano, Richard Rogers und Oscar Niemeyer entworfen haben, gibt es keine Toiletten oder die Möglichkeit, Wasser zu kaufen. Es lohnt sich, die Besichtigung in mehrere Etappen mit Pausen in den zentralen Gastronomiebetrieben aufzuteilen. Festes Schuhwerk wird für die Wanderung durch das Gelände empfohlen. Weitere Informationen unter www.chateau-la-coste.com. Einen eigenen Zugang hat das Luxushotel “Villa La Coste” mit seinem Sterne-Restaurant unter der Leitung von Hélène Darroze.

Auf Kunst und Wein setzt seit vielen Jahren die Commanderie de Peyrassol in Flassans-sur-Issole bei Brignoles. Erst 2021 hat das Kunstzentrum der Familie Le Dorze nicht weit von Château La Coste im Centre d’Art Contemporain des Château Bonisson in Rognes (177, Route des Mauvares) eröffnet, in dem Christian Le Dorze jedes Wochenende gratis durch die aktuelle Ausstellung vorwiegend mit konkreter Kunst im alten Weinkeller führt.

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