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Wegen der Brandgefahr durch anhaltende Trockenheit haben die Gemeinden Bormes-les-Mimosas und Le Lavandou die Route des Crêtes Richtung Rayol-Canadel für Autos und Motorräder, selbst für Radler und Fußgänger gesperrt. Bei Zuwiderhandlung drohen 135 Euro Strafe. Foto: Rolf Liffers

Dürre in Frankreich: Erste Verbote limitieren Trinkwasserverbrauch

In Südfrankreich hat es den Winter über so wenig geregnet, dass die Menschen schon einen Heiligen um Regen anflehen. In der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur (PACA) limitieren bereits jetzt erste Verbote den Trinkwasserverbrauch. Zunehmende Trockenperioden machen auch den Winzern im gesamten Mittelmeerraum zu schaffen.

"Kultur der Verweigerung"

Seit Monaten ist zwischen Nizza und Perpignan kaum Regen gefallen. Da kann nur noch ein Wunder helfen, dachten sich offenbar Landwirte in der Region Perpignan und zogen gemeinsam mit katholischen Geistlichen in einer Prozession zum Fluss Têt, um den Schutzpatron der Bauern um Regen zu bitten.

Umweltminister Christoph Béchu, der daher erst kürzlich die Präfekten des Landes zusammengetrommelt hatte, kritisierte in Cannes eine allgemeine Kultur der Verweigerung beim disziplinierten Trinkwasserverbrauch.

Die Côte d’Azur mache ihm besondere Sorgen, sagte der Politiker. Eine „Wasser-Kommision“ werde in Kürze reagieren. „Denn alle Ampeln stehen hier auf Rot“, so Béchu wörtlich. Allein im Departement Alpes-Maritimes habe es im Februar dieses Jahres 87 Prozent weniger Regen gegeben als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Die Schneefälle seien um 60 Prozent zurückgegangen.

Auch in vielen anderen Teilen Frankreichs regnete es im Winter zu wenig, die Grundwasserreserven sind erschöpft, und die Regierung ist alarmiert. Nach 2022 droht ein zweiter Dürresommer.

Macron stellt Notfallplan zum Wasserverbrauch vor

Gestern hat Staatspräsident Emmanuel Macron am Stausee Lac de Serre-Ponçon in den Hautes-Alpes einen 53 Maßnahmen umfassenden Notfallplan zum Wasserverbrauch bis 2030 vorgestellt. Hier einige der wichtigsten Maßnahmen:

  • Bis 2030 sollen frankreichweit insgesamt zehn Prozent weniger Wasser verbraucht werden als heute. Die breite Öffentlichkeit soll ab Sommer mithilfe einer Kommunikationskampagne zum sparsamen Umgang mit Wasser aufgerufen werden;
  • künftig sollen 10 Prozent des Abwassers wieder verwendet werden (zum Beispiel in der Landwirtschaft oder zur Straßenreinigung) – im Gegensatz zu heute weniger als ein Prozent;
  • Durch Lecks in Wasserleitungen versickern in ganz Frankreich enorme Mengen an Trinkwasser, in vielen Orten mehr als 50 Prozent des Wassers. Für die Beseitigung der Lecks sollen pro Jahr 180 Millionen Euro bereitgestellt werden;
  • Der Preis für Wasser soll künftig progressiv gestaltet werden: Die ersten Kubikmeter werden zu einem günstigen Preis (nahe Selbstkostenpreis) abgegeben, und ab einer bestimmten Grenze wird dieser Preis erhöht.

Verheerende Regenbilanz für den Winter 2022/23

Die Regenbilanz für die Wintermonate ist verheerend: Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1959 hat es im ganzen Land noch nie so lang anhaltend keinen Regen gegeben, berichtete der Wetterdienst Météo France. Das führte zu einer für die Jahreszeit bedenklichen Austrocknung der Böden, die bereits durch die Dürre im Sommer 2022 geschwächt waren.

Unmittelbarer Auslöser der jüngsten Trockenperiode war nach Angaben der Meteorologen ein Hochdruckgebiet, das Niederschläge über Wochen von Frankreich fernhielt. Die zunehmende Häufigkeit und Intensität der Dürreperioden ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Folge des menschengemachten Klimawandels.

Einige Departements vor allem im Süden Frankreichs ordneten bereits Einschränkungen an. Das Bewässern von Gärten und Sportstadien, das Auffüllen von Swimmingpools oder das Autowaschen wurden verboten. So eine Beschränkung gab es zu dieser Jahreszeit noch nie.

Departement Var

Karte zur Trockenheit im Var
In zwei Gemeinden des Departements Var – Riboux und Saint-Zacharie (rot eingezeichnet) – wurde am 24. März der Krisenstatus ausgerufen, in vielen anderen Orten (gelb) gilt eine erste Warnstufe bzw. die Stufe “Wachsamkeit” (grau). Karte: https://www.var.gouv.fr/point-de-situation-de-la-secheresse-dans-le-var-en-a11668.html

In Bormes-les-Mimosas im Urlaubs-Departement Var wurde das geplante Ablassen des Wassers des Stausees Le Trapan zum Zwecke der Staumauer-Sanierung abgeblasen. Die Route-des-Crêtes Richtung Rayol-Canadel wurde wegen Waldbrandgefahr für Autos, Radfahrer und Fußgänger gesperrt. Bei Zuwiderhandlung drohen 135 Euro Strafe.

Im gesamten Departement ist bei Warnstufe „gelb“ unter anderem das Bewässern von Gärten zwischen 9 und 19 Uhr untersagt. Weitere Details finden sich auf der Website der Präfektur.

Departement Alpes-Maritimes

Im Departement Alpes-Maritimes ist es vorerst bis mindestens 30. April untersagt, 

  • den Garten zwischen 8 und 20 Uhr zu bewässern
  • sein Auto oder Boot zu waschen (außer in bestimmten Waschanlagen)
  • Wege, Terrassen und Fassaden mit viel Wasser zu reinigen
  • seinen Pool aufzufüllen (außer Erstbefüllung nach Neubau)

Die Präfektur kündigt regelmäßige Kontrollen an; bei Zuwiderhandlung werden 1500 Euro fällig. Außerdem bittet der Präfekt die Bürger grundsätzlich um einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Wasser. 

Winzer kämpfen mit zunehmender Trockenheit

Präsident Emmanuel Macron rief zum nationalen Wassersparen auf. »Wir haben einen trockenen Winter und im entscheidenden Moment zu wenig Regen, der ein Auffüllen unserer Grundwasserreserven ermöglicht hätte«, sagte Macron. »Wir wissen also, dass wir, wie im letzten Sommer, mit Problemen der Verknappung konfrontiert sein werden.« Statt knappes Wasser kurzfristig zu reglementieren, gelte es, frühzeitig zu planen.

Die zunehmenden Trockenperioden machen auch den Winzern im Mittelmeerraum zu schaffen. Der Ausrichtung des Weinbaus angesichts des Klimawandels hatte das französische Weinbauinstitut 2021 schon eine Studie gewidmet. Zu den Empfehlungen gehört, dass die Winzer auf Basis besserer regionaler Klimadaten ihre Produktion und Wassernutzung anpassen. Auch zum Anbau klimaresistenterer Reben wird geraten sowie zu Schritten, den Weinbau möglichst klimaneutral zu gestalten. Langfristig müsse Frankreichs Weinsektor sich auf die nötigen Anpassungen an den Klimawandel einstellen, hieß es kürzlich aus dem Agrarministerium in Paris. Die Regierung wolle beim Erstellen einer Strategie helfen.

R.L./AS

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