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Buch-Tipps: Signac, Doldinger, Provence-Krimi

“Streiflichter” – unter dieser Rubrik stellen wir wöchentlich wissenswerte Kurzinfo von der Côte d’Azur und aus der Provence zusammen. Diesmal: Buch-Tipps mit Südfrankreich-Bezug. Von Rolf Liffers.

Urenkelin über Paul Signacs Liebe zu dritt

Signacs Haus
Signacs Haus in Saint-Tropez. Foto: Rolf Liffers

Die Urenkelin des lange in Saint-Tropez lebenden Impressionisten Paul Signac (1863-1935), Charlotte Hellman, hat in der Villa Théo in Le Lavandou (Departement Var) ihr jüngstes Buch „Glissez. Mortels“ vorgestellt. Danach entstammt sie „einer dreifachen Liebesbeziehung“. Aus der Menage des berühmten Malers mit zwei Frauen sei ein uneheliches Kind hervorgegangen, berichtet sie – ihre Großmutter. Diese Geschichte sei ihr von Kindesbeinen an immer wieder erzählt worden. „Aber ich wollte genauer wissen, was da passiert war.“ Daher habe sie tiefer gegraben, um zu verstehen, wie diese drei Menschen miteinander umgegangen seien, „wie sie sich geliebt haben“.

BuchcoverZwar habe sie „die nackten Tatsachen“ gekannt. Danach habe Paul seine Frau Berthe 1912 für eine Freundin des Paares, die Künstlerin Jeanne Desgrange, verlassen, die sich seinetwegen scheiden und ihre Kinder zurück ließ. Signac indessen habe seine Ehe aufrechterhalten und es sogar geschafft, dass Berthe das Kind, das Jeanne von Paul bekam, zur Adoption freigab. „Was war die Natur dieser in meinen Augen so schwindelerregenden Liebe, die es ihnen ermöglichte, Egoismus, Leid und Zweifel zu verkraften, um gemeinsam durchzuhalten?“, wollte die Autorin für ihre Dokumentation „Glissez. Mortels“ (Herausgeber Philippe Rey) herausbekommen.

In ihrem Buch stützt sie sich auf Erinnerungen und mündliche Überlieferungen aus der Verwandtschaft sowie über 8000 Briefe. Charlotte Hellman schreibt elegant, aber kompromisslos und lässt den Leser in die Welt Signacs eintauchen, „der hart arbeitete, sportlich und leidenschaftlich war, sich politisch und künstlerisch an der Seite der Avantgarde engagierte und mit Van Gogh, Monet, Seurat und Bonnard befreundet war“.

Zwei der „Jünger“ des Künstlers, der mit Seurat den Pointillismus begründete, lebten und starben in Le Lavandou – die Neoimpressionisten Henri-Edmond Cross und Théo van Rysselberghe, nach dem das kleine Kunstmuseum im Ortsteil Saint-Clair benannt ist.

Klaus Doldingers "Leben für die Musik"

Klaus Doldinger ist Deutschlands berühmtester Jazzmusiker. Er ist Komponist vieler Filmmusiken, darunter der Soundtrack für „Das Boot“, und der auch international bekannten Erkennungsmelodie für die offenbar unkaputtbare Krimiserie „Tatort“ im deutschen Fernsehen. Die Frau an seiner Seite – Inge – war in jungen Jahren Model; inzwischen ist sie ebenfalls eine erfolgreiche Künstlerin, die auch mehrere Covers für Langspielplatten ihres Mannes gestaltete. Seit Jahrzehnten verbringt das Paar die Ferien in seinem Sommerhaus in der zweiten Heimat Port-Grimaud.

Buchcover„Ich stehe jetzt seit siebzig Jahren auf der Bühne und habe 5000 Konzerte auf der ganzen Welt gegeben, in über 50 Ländern“, bilanzierte der Saxophonist und Bandleader gegenüber azurblau.fr. Jetzt endlich – könnte man daher sagen – ist (bei Piper) aus der Feder seines Sohnes Nicolas seine Lebensgeschichte erschienen.

Ob die Initialzündung für das Buch von Doldinger selbst stammte, ist eher zu bezweifeln. Nie drängte sich der Vollblutmusiker nach Öffentlichkeit, ist – wie Inge – bodenständig geblieben und hat sein Privatleben stets aus den Schlagzeilen herausgehalten. Nun aber ist er – „was ich selbst kaum glauben kann“ – 87. Vielleicht also doch der rechte Zeitpunkt für ein Resümee, das er wie folgt auf den Punkt bringt:

„Aus wirklich tiefstem Herzen kann ich sagen, dass ich nichts bereue, absolut gar nichts.“ An Schicksal oder irgendwelche höheren Mächte habe er nie geglaubt. Durchaus aber an „Talent und harte Arbeit“ – und übrigens „an Glück, denn ohne Glück geht gar nichts“. Ruhm und Erfolg seien sicherlich „etwas sehr Schönes“, räumt Doldinger gern ein, als Motivation seien sie aber ungeeignet.

Was er über die Jahrzehnte gelernt hat: „Das Leben ist zu kurz, um es mit Dingen zu verschwenden, die man nicht hundertprozentig fühlt.“ Daher könne er bis heute seine „künstlerische Freiheit genießen, die mir immer das Größte war“.

Krimiautorin auf provenzalischer Trüffelsuche

BuchcoverRecherchen gehören zum Autoren-Handwerk. „Und weil es in meiner Krimiserie neben gesellschaftspolitischen Themen immer auch kulinarische Ausflüge gibt“, hat Sophie Bonnet für ihren jüngsten Roman „Provenzalische Täuschung“ (Verlag Blanvalet) die Trüffelplantage der Familie Jaumard am Fuß des Mont Ventoux besucht.

Zunächst zum Inhalt des „Spiegel“-Bestsellers: Es ist Trüffelzeit. Pierre und Charlotte bereiten ihre Hochzeit vor, als eine Nachricht Sainte-Valérie in Aufregung versetzt: Gilbert Langlois – kürzlich in das Bergdorf gezogen, um Pierre seinen Posten streitig zu machen – liegt tot im Bach.

Der Verdacht fällt auf Pierre. Doch der glaubt zu wissen, wer der wahre Täter ist: Maurice Marechal, der Bürgermeister des Ortes. Fest entschlossen, ihn des Mordes zu überführen, beginnt Pierre verdeckt zu ermitteln. Die Spur führt ihn nach Mazan unweit des Mont Ventoux, wo sowohl das Opfer als auch Marechal aufgewachsen sind, und zu einem tragischen Fall aus der Vergangenheit. Alles deutet darauf hin, dass beide Geschehnisse miteinander verknüpft sind, als Pierre feststellt, dass es eine Person gibt, die sich an seine Fersen geheftet hat…

„Niemand verbindet Genuss und Verbrechen so harmonisch wie Sophie Bonnet in ihren Provence-Krimis aus der Durand-Reihe“, urteilt die Hamburger Morgenpost.

Beim Besuch der Jaumards hat Bonnet erfahren, dass sich die Plantage bereits seit drei Generationen in Familienbesitz befindet. Die ersten mit den Sporen des Pilzgeflechtes versehenen Eichen setzte der ehemalige Obstplantagenbesitzer Albert Jaumard in den 1970er-Jahren. Damit gehörte er zu Vorreitern in der Region des Comtat Venaissin, deren natürliche Trüffelbestände über Jahrzehnte kontinuierlich zurückgingen.

„Erfolgreiche Versuche mit Trüffelkulturen hat es schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts gegeben“, weiß Bonnet. „Man säte die Pilzsporen in vorbereitete Böden. Aber erst Ende der 1960er-Jahre wurden die Sporen direkt in Setzlinge von Eichen eingebracht, um die Symbiose von Baum und Pilzmyzel bereits vor dem Einpflanzen zu fördern.“ Möglich machten das Forschungen des Staatlichen Instituts für Agrarforschung (INRA), mit denen die Jaumards lange zusammenarbeiteten.

Auf Albert folgte Sohn Eric, der sich verstärkt auf den Ausbau eigener Trüffelprodukte konzentrierte – eine Leidenschaft, die auch dessen Söhne Alexis und Franck teilen. Im Herbst 2019 übernahmen die Brüder das Geschäft, das sich seither „Les frères Jaumard“ nennt.

Als Sophie Bonnet die Jaumards für ihr Buch besuchte, war die Zeit für den schwarzen Trüffel schon vorbei. Sie lernte also nur Sommertrüffel kennen, die von Mitte Mai bis Mitte August geerntet werden. „Und die schmecken ähnlich wie Haselnüsse“, findet die Autorin, die ihr Trüffelwissen detailliert in ihre Story hat einfließen lassen.

Übrigens...

…wer in Deutschland etwas „mit Vollgas“ angeht, greift damit auf ein Bild aus dem Autosport zurück. In Frankreich ist es ähnlich. Hier sagt man, „demarrer sur les chapeaux de roues“, wenn man eine Sache mit viel Elan startet – also „auf den Radkappen losbraust“.

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