Hollywood scheint die Goldenen Ehren-Palmen von Cannes, die von den dortigen Filmfestspielen seit 2011 fürs Lebenswerk verliehen werden, förmlich abonniert zu haben: Jodie Foster, Tom Cruise, Michael Douglas, Harrison Ford, Meryl Streep, um nur einige der ausgezeichneten Amis zu nennen, haben ihn schon eingeheimst. Voriges Jahr war es der Wahlprovenzale und Star-Wars-Erfinder George Lucas, der sich im südfranzösischen Departement Var ebenso als Winzer etabliert hat wie seine Nachbarn Brad Pitt und George Clooney. Und in diesem Mai wird der Auserkorene Robert De Niro („Taxi Driver“, „Casino“, „Der Pate II“) heißen, der die Côte d’Azur nach eigenen Worten wie Pitt und Clooney inzwischen als zweite Heimat betrachtet.
George Lucas, Herr von Château Margüi in Châteauvert, Regisseur von Hollywood-Blockbustern, Filmproduzent, Schöpfer von Spezialeffekten und Revolutionär der Unterhaltungsindustrie, war 2024 an seinem 80. Geburtstag von seinem langjährigen Partner und Kollegen Francis Ford Coppola laudatiert worden, der in Cannes seinerseits seinen Film „Megalopolis“ in den internationalen cineastischen Wettbewerb eingebracht hatte.
Robert De Niro, zweifacher Oscar-Preisträger und achtmal für den Preis Nominierter, wird die prestigeträchtige Auszeichnung – 14 Jahre, nachdem er dort als Präsident der Wettbewerbsjury aufgetreten war – bei der Eröffnungszeremonie des 78. Filmfestivals von Cannes (13. bis 24. Mai) entgegennehmen. Am Tag darauf wird er dort eine Masterclass leiten.
In diesem Jahr fungiert Juliette Binoche als Jurypräsidentin. Die französische Schauspielerin hatte vor 40 Jahren mit André Téchinés Wettbewerbsbeitrag „Rendez-Vous“ erstmals an den Filmfestspielen teilgenommen. Bis 2024 folgten neun weitere Filme, die mit ihr ins offizielle Programm aufgenommen wurden, darunter Abbas Kiarostamis „Die Liebesfälscher“ (2010), der ihr den Darstellerpreis eingebracht hatte. 2019 stand Juliette Binoche bereits der Berlinale-Jury vor.
Als Jurypräsidentin folgt die Binoche auf die US-amerikanische Schauspielerin Greta Gerwig. In der Geschichte des Festivals ist es erst das zweite Mal, dass in zwei aufeinander folgenden Jahren Frauen als Juryvorsitzende bestimmt wurden. Zuletzt war das 1965/66 mit Olivia de Havilland und Sophia Loren der Fall gewesen.
Der medienscheue und eher einsilbige De Niro, Vater von sieben Kindern aus verschiedenen Beziehungen, lebt im Allgemeinen zurückgezogen und hält sich von der Glamourwelt Hollywoods fern. Sein Lebensmittelpunkt ist seit jeher New York.
Wie seine politisch-bekennenden Hollywood-Kollegen Brad Pitt mit Wohnsitz in Le Val im Var und George Lucas gilt de Niro als Unterstützer der Demokratischen Partei. Mehrfach setzte er sich aktiv für deren Präsidentschaftskandidaten ein. 1998 sprach er sich gegen das Impeachment von Bill Clinton aus. 2006 nannte er auf die Frage, wen er sich als Präsidenten wünschen würde, Hillary Clinton und Barack Obama. Für Obama trat er sogar bei einer Wahlkampfveranstaltung auf.
2011 unterstützte De Niro zusammen mit anderen Persönlichkeiten und Menschenrechtsverteidigern die Initiative „Ein Logo für Menschenrechte“. 2012 trat er der Kampagne „Artists against Fracking“ bei. Auch während des Präsidentschaftswahlkampfes 2024 machte er aus seinem Herzen keine Mördergrube, indem er Donald Trump als „immens dumm“ abqualifizierte und bekannte, dass er ihm „gerne die Fresse polieren würde“.
„Ich habe eine so enge Verbindung zum Festival in Cannes“, erklärte De Niro in einem ersten Statement nach der Entscheidung, ihm die Ehren-Palme zuzuerkennen. „Besonders jetzt, wo uns so vieles in der Welt auseinanderbricht, bringt Cannes uns zusammen – Geschichtenerzähler, Filmemacher, Fans und Freunde. Nach Cannes zu reisen, sei für ihn wie nach Hause zu kommen“, sagte er sichtlich bewegt.
„Mit seinem verinnerlichten Stil, der in einem sanften Lächeln oder einem strengen Blick zum Vorschein kommt, ist Robert De Niro zu einer Kino-Legende geworden“, heißt es in der Begründung des Festivals für diese Entscheidung. Tatsächlich blickt der Filmstar auf eine jahrzehntelange Beziehung zum wohl wichtigsten Filmfestival in Europa zurück. Seinen ersten großen Erfolg an der Croisette feierte er bereits im Jahr 1976, als „Taxi Driver“ die Goldene Palme gewann. Im selben Jahr wurde auch „1900“ mit ihm in der Hauptrolle im Wettbewerb gezeigt. 1983 eröffnete „The King of Comedy“ das Festival. 1986 kehrte er mit „The Mission“ zurück, der ebenfalls mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde – eine Seltenheit für einen Schauspieler, in zwei Palmen-prämierten Filmen die Hauptrolle zu spielen. Berühmt geworden war er zwar als Leinwand-Mafioso. Dass er aber auch Komödie kann, bewies er in „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“. Zuletzt war De Niro 2023 für Martin Scorseses „Killers of the Flower Moon“ in Cannes.
Auf allen Etiketten, Vignetten und Schildern ist erkennbar, wer der Schlossherr ist: Sky Walker George Lucas. Fotos (4): Rolf Liffers

George Lucas sei untrennbar mit der legendären Science-Fiction-Saga Star Wars und den Indiana Jones-Filmen verbunden, hatten die Festival-Organisatoren 2024 geurteilt. Er habe in seiner Karriere „Blockbuster-Filme mit Noblesse“ erschaffen und damit „Zuschauern auf der ganzen Welt einen unvergleichlichen Genuss beschert“. Wie De Niro ist auch Lucas in Châteauvert nicht gerade Hans in allen Gassen. Das Grundstück zu seinem Schloss ist meist durch ein eisernes Tor verschlossen. Wer als geladener Gast Zutritt wünscht, kann sich auf dem Anwesen jedoch Suiten mieten, die – wie man sich denken kann – nicht gerade für einen Pappenstiel zu haben sind. Touristen werden schon weit vor dem Tore abgefangen und in eine moderne Boutique umgeleitet, wo der Dollar-Milliardär seine Weine feilhält. Ob auf Flaschenetiketten, an Fassaden-Schildern und -Plaketten – man wird dabei stets von Star-Wars-Symbolen begleitet, damit man ja nicht vergisst, wer dort hinter allem steckt.
Rolf Liffers